WWW.HAUSSITE.NET

 

NICHT löschbares Feuer

04 / 11 / 01 - 14 / 12 / 01
Ausstellung / Filmvorführung / Diskussion

NICHT löschbares Feuer
kuratiert von Constanze Ruhm

Über Jill Godmilow
Jill Godmilow: Warum ich Farocki wiederholte
Korrespondenz zwischen Jill Godmilow und Harun Farocki
über NICHT löschbares Feuer (Inextinguishable Fire)

Jill Godmilow: Farockis Strategien. Technik und Struktur von NICHT löschbares Feuer
Filme von Jill Godmilow

Tom Gunning on What Farocki taught
Filmsynopsen im Video Plug-In
Das Gespräch zwischen Anna und Robert


English

Über Jill Godmilow

In mehr als zwei Jahrzehnten als Regisseurin und Produzentin hat Jill Godmilow sich einen überzeugenden Ruf geschaffen. Sie gehört zu den wichtigsten Theoretikerinnen und Praktikerinnen aus dem Bereich des Non-Fiction-Genres. Interviews mit ihr findet man in den Magazinen American Film, Afterimage, In These Times, The Independent, History and Theory, Text Performance Quarterly. Ihre Filme sind seit 1973 im Rahmen internationaler Festivals zu sehen. Der Film Tales von 1971 (mit Cassandra Gerstein) ist ein performed documentary, der sich damit beschäftigt, wie Geschichten über sexuelle Erfahrungen erzählt werden - Jonas Mekas nannte diesen Film damals den interessantesten Film des Jahres.

Antonia: Portait of the Woman (in Zusammenarbeit mit der Folk-Sängerin Judy Collins, 1973) war einer der ersten unabhängigen Dokumentarfilme, der sowohl in den USA wie auch im Ausland stark wahrgenommen wurde. Der Film wurde für den Oskar nominiert, und erhielt den Independent New York Film Critics Award als bester Dokumentarfilm des Jahres 1973.

Viele der Filme Jill Godmilows bewegen sich im Bereich des Dokumentarischen: darunter der Film Nevelson in Process, ein Porträt der Bildhauerin Louise Nevelson, und The Odyssey Tapes, ein Film über Richard Dyer-Bennett's 24-Stunden-Performance von Homers Odyssee. The Popovich Brothers of South Chicago erzählt die Geschichte einer serbisch-amerikanischen Familie von Musikern in South Chicago. Der Film The Vigil handelt von der Arbeit der bekannten polnischen Theatergruppe Teatr Laboratorium, und At Nienadowka with Grotowski vom Regisseur Jerzy Grotowski.

Far from Poland aus dem Jahr 1984 berichtet von den inneren Widersprüchen der polnischen Solidarnosc Bewegung, und stellt eine der wichtigsten Arbeiten des Dokumentarfilmgenres dar. Der Film basiert auf den Prinzipien radikaler Dekonstruktion und der Gegenüberstellung von Fakt und Fiktion. Dieses Prinzip führte direkt zu ihrem Spielfilm Waiting for the Moon, eine moderne feministische Erzählung über das Leben des berühmten Paares Gertrude Stein und Alice B. Toklas (mit Linda Hunt und Linda Bassett).

Im Jahr 1995 entstand der Film Roy Cohn/Jack Smith , eine Neuinterpretation von Ron Vawter's berühmtem Theaterstück über das öffentliche und das geheime Leben zweier höchst unterschiedlicher schwuler Männer, die beide in den späten Achtzigerjahren an AIDS starben. 1998 wurde What Farocki Taught am Filmfestival in Rotterdam erstmalig gezeigt. In den USA liefen ihre Filme auf den Festivals von Big Muddy, Ann Arbor, Athens, Carolina und Vancouver; in Europa in Rotterdam, Oberhausen und Locarno.


Jill Godmilow: Warum ich Farocki wiederholte.

What Farocki Taught ist eine Wiederholung - kein Remake, keine Hommage, kein Updating - sondern eine Wiederholung von Harun Farockis NICHT löschbares Feuer aus dem Jahr 1969. Die Absicht bestand darin, das Original zu wiederholen. Gertrude Stein sagte einmal, Lasst mich wiederholen, was die Geschichte lehrt: die Geschichte lehrt. NICHT löschbares Feuer war es wert, noch einmal gemacht zu werden, einfach aus dem Grund, weil das, was Farocki 1969 vermittelt hat, immer noch nicht wirklich verstanden wurde. Man denke nur an Somalia, an den Golfkrieg, an Bosnien, Kosovo und die Vorbereitungen für den Krieg gegen den Terror. NICHT löschbares Feuer wurde in den USA nie gezeigt. Wenn es so ist, dass die Geschichte etwas lehrt, scheint es mir, dass die ziemlich simple Geste, einen bescheidenen und brillanten Film über die Herstellung von Napalm zu kopieren, die Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Ausschnitt von Geschichte, und darüber hinaus, auch von Filmgeschichte lenken könnte. Der ursprüngliche Beweggrund, Farockis Film zu wiederholen, war der Wunsch, das Filmemachen auch als eine Form von Distributionspraxis aufzufassen.

Außerdem bewundere ich Farockis Filme und denke dass - da in den USA nur wenige Leute mit seinem Werk vertraut sind - viele sich fragen würden, wer Farocki denn sei, und woraus seine Lehre bestünde. Dann würden sie vielleicht kommen, um meinen Film anzusehen, und dann würden sie mehr Farocki-Filme sehen wollen.

Zum heutigen Zeitpunkt, da What Farocki Taught also gezeigt wird, und seine 'Lehre' verbreitet, kann ich wenigstens 25 weitere Gründe aufzählen, die erklären, warum ich den Film nachgedreht habe. Hier nur einige wenige:

1. Ich wollte lernen, einen Film wie NICHT löschbares Feuer zu machen, um genau zu verstehen, wie er funktioniert. Eine Art, das zu tun, besteht darin, den Film zu kopieren. Man kann das mit den Malern vergleichen, die im Louvre saßen, oder im British Museum, oder im Prado, und die Rembrandts, Goyas, Da Vincis etc kopierten, um daraus zu lernen.

2. Ich wollte die Frage nach der Urheberschaft aufwerfen: wessen Film ist What Farocki Taught ? Farockis oder mein Film ?

3. Ich wollte herausfinden, ob eine perfekte Kopie, die jede Einstellung ihrer Vorlage wiederholt, tatsächlich der selbe Film wie das Original wäre (das ist natürlich nicht so), und so die Frage stellen, wie What Farocki Taught ein Dokumentarfilm sein kann, wenn er doch die Kopie eines existierenden Films ist ?

4. Farockis Film ist ein perfektes Beispiel dafür, wie man einen Film ohne Geld macht - um Godard zu zitieren: Kino zu machen, das man auf einer Müllhalde findet. Ich wollte zeigen, dass Farockis Film ein kluges und ökonomisches Modell darstellt, wie man Filme machen kann - vor allem heute, da es in den USA überhaupt keine Unterstützung für ernsthafte Dokumentarfilme gibt.

Ich hoffte, durch meine Kopie außerdem das ganze System dokumentarischer Repräsentation zu provozieren. Der amerikanische Dokumentarfilm ist vollkommen abhängig vom Prinzip des Cinéma Verité - wegen des Fernsehens, und weil die meisten DokumentarfilmerInnen sich damit begnügen, ihr Werk endlos zu wiederholen, ohne jemals die ideologische Form zu untersuchen. Diese Art von Technik nenne ich pornografisches Kino. Es glaubt ausschließlich an das Reale, und versucht, seine Botschaft durch Beweise der tatsächlichen Existenz von diesem oder jenem zu untermauern: echte Dinge, echte Menschen etc. Wenn dieses Kino sich mit dem Thema des Krieges auseinandersetzt, tut es das zumeist auf melodramatische Art: damit wir teilnehmen, weinen, wütend werden, uns schuldig fühlen etc ... schuldig, aber auch erregt. Der amerikanische Dokumentarfilm erzeugt eine fast sexuell zu nennende Faszination für den staatlichen Terror, und stellt auch eine Lizenz zum Trauern dar. Doch das sogenannte Echte im Dokumentarfilm ist oft nichts anderes als eine reine Horror-Show - ein zweifelhafter Ort der gruseligen Freuden und einem falschen politischen Bewusstsein, das nur für den liberalen Voyeurismus hergestellt wurde.

In NICHT löschbares Feuer analysiert Farocki auf höchst nützliche Weise, wie ein Krieg hergestellt wird . Er verweigert sich dem Realen, und ersetzt es durch billige Modelle, durch welche die Auswirkungen der Kriegswaffen unter-repräsentiert werden. Mit diesen Modellen demonstriert er die Kriegsverhältnisse: die Beziehung zwischen Wissenschaft und Tod, zwischen toten Ratten und toten Vietnamesen, zwischen Beschreibung und Analyse. Sein Film operiert nicht mit jenen gruseligen Freuden, von denen ich vorher gesprochen habe, nicht mit Identifikation, doppelter Moral und der Herstellung einer Wir-gegen-sie-Haltung. Man muss auch sagen, dass der Film auch nicht in die Falle des Filmemachens geht. Er drückt seine Themen klar, rational, und elegant aus, ohne Zorn über die Ergebnisse, die der Einsatz menschlicher Arbeitskraft zeitigt. Dies ist ein Sachverhalt, den wir alle bedenken sollten, wenn wir Krieg beenden wollen.

Der südafrikanische Schriftsteller J. M. Coetzee schreibt im Zusammenhang mit SchriftstellerInnen, für die eine Folterkammer den Ort literarischer Inspiration darstellt, : Es hat doch auch etwas Geschmackloses, dem Staat auf diese Weise zu folgen, und seine abscheulichen Geheimnisse zum Anlass literarischer Fantasien zu machen. Für einen Schriftsteller/eine Schriftstellerin besteht das schwierigere Problem darin, über dieses Dilemma, mit dem der Staat uns konfrontiert, nicht zu stolpern, das heißt, entweder die Obszönitäten zu ignorieren, oder Repräsentationen zu produzieren. Die wahre Herausforderung besteht darin: wie man das Spiel nicht nach den Regeln des Staates spielt, wie man eine eigene Autorität etabliert, wie man Folter und Tod nach den eigenen Bedingungen vorstellbar machen kann.

Aus diesen Gründen wiederholte ich Farocki


Korrespondenz zwischen Jill Godmilow und Harun Farocki über NICHT löschbares Feuer (Inextinguishable Fire)
8 April 96

Dear Harun,

Where are you? I never got a response from my last letter, asking about you coming to show films and speak at a RETHINKING MARXISM conference in New York. In case it never got to you, I've attached it here.

Now to my real business. As I mentioned, I'm going ahead this June to shoot the re-make of INEXTINGUISHABLE FIRE - current running title: WHAT FAROCKI TAUGHT. I'm still figuring a few things out - tempted to take the thing in many different directions, but quashing most of them. I'm now pretty much clear that I'll make a very very straight replica (perhaps obscenely straight - even using American actors speaking rough replicas of your German text and subtitling it in English)... hoping this absurd gesture of re-making a 27 year old film about a war that's supposedly long gone, even surpassed, about a weapon that's now banned, in a formal/materialist film style that the American left has never used, will raise again really the same direct questions you ask about the morality of technology, and secondly, the technology of non-fiction cinema.

All these years since I saw the film, I have purposely avoided knowing too much about it - I wanted to work from my responses to it alone, but now that I'm about to actually do it - there are things I'd like to ask for and questions I'd like to ask.

WHAT I'D LIKE YOU TO SEND ME:
1. I remember you saying you weren't sure where the negative was. Now I ask if it still exists and whether you could find it and ship it here to me.

2. Failing that, a print, from which I could make a negative of the sections I'd like to use... with or without subtitles.

3. This is a long shot, but somehow, by God's grace, could you lay your hands on the video news footage that you run on the TV to stand in for the evening news?

4. Another long shot request: the crop dusting footage... if you can find it, send it, if not, can you tell me where you got it - from American industrial films, or where? I've got to duplicate it somehow and have no time (and no money) for digging around expensive film archives.

5. Even longer shot - can you find the Dow Chemical corporate shot that you use twice - the forklift with the two DOW barrels, heading away from camera towards the horizon - and send it to me.

Of course I'll pay for all the expenses, if you can find any of these things.

WHAT I'D LIKE TO KNOW:
1. How much of the film was dubbed - some of it sounds like location sound, some dubbed in later in post-production... a conscious choice to dub or just financial?

2. Is the photo in Mrs. Fink's office window really of Midland Michigan, or just some city scape? Where did you get it?

3. The film doesn't seem to be mixed - I mean, it seems there is only one track running at a time. True? Conscious materialist/political decision to avoid lush, smoothed out time and space produced by seamless sound track? or not?

4. How much did it cost - roughly. Who paid for it? How long did it take to make?

5. How scripted was it.

6. Who did you intend to address. Did you think of it as agit prop - addressed to the left student community, or workers, or whom? For me, there's a kind of double address - to the German left but also, sort of officially to Americans.

7. Where was it shown? On TV? At Cineclubs? Festivals. Who used it. Was it ever shown in the U.S. during the War? or ever, before the Goethe House retrospective?

8. Were there other films like this - were you part of a film movement that addressed the Vietnam War?

9. Who were the actors? Just friends?

10. Did you have a real dolly or a wheelchair?

11. Every now and then, you use a frozen frame from a shot that has already been in the film in live action. Was this a shortage of footage or a conscious idea? Here I really can't tell.

12. The canisters that drop out of the tubes and fall into a sink to punctuate certain beats - where were those? where might I find them?

13. How did you kill the flies, the grasshoppers and the plants. Did you shoot some kind of stop action on the plants.

14. Was that a dead laboratory rat you burned? With gasoline or what?


I've had a chance to do a bit of research - just to get back into this thing - poking around in the library shelves on Vietnam and ecocide and such things. The first book I picked up was a record of the proceedings of the International War Crimes Tribunal: Against the Crime of Silence, and there was the testimony of Thai Bin Dan that you open the film with. A remarkable moment, thinking of you reading this book and deciding to make your film. The other curious item I found was a book called, THE WEAPONSMAKERS: PERSONAL AND PROFESSIONAL CRISIS DURING THE VIETNAM WAR... a socio/psychology study, obviously commissioned by some trade organization of weaponsmakers, to try to pinpoint and I guess anticipate the reactions of engineers, etc. working at plants like DOW and the causes and levels of their resistance to producing weapons for the military. I've enclosed here just the summary of the study, for your reading pleasure. Just when you think your cynicism is over the top and will drown you, you find out you're not nearly cynical enough.

 So anyway., I know this is probably a big bother - that you're off somewhere shooting something - but please try to help if you can, as quickly as possible. At least, communicate. And send some info about the last film you made, which I haven't seen yet - and where one can get a hold of it here in the states. You know every year I show at least three Farocki films: Videogramme, How to Live and Inscriptions of War. Just keep on going because they're so fine - such a spark for me and everyone I can get to watch such things.

Now, goodnight. That is all. Take care of yourself.
Jill


Jill Godmilow :
Farockis Strategien. Technik und Struktur von NICHT löschbares Feuer

In NICHT löschbares Feuer verweigert Farocki sich der Pornographie des Realen ( auf dem Dokumentarfilm traditioneller-weise basiert), und auch die geschichtliche Wahrheit der Wirklichkeit (das, was den Text normalerweise zu einem wahren Text macht). Es gibt so gut wie keine echte Footage, noch Interviews mit leitenden Angestellten oder Arbeitern bei Dow Chemicals in Midland, Michigan. Der Film beruht auf Demonstrationen, Rekonstruktionen und Modellen der Verhältnisse zwischen Menschen, Objekten und Ereignissen.

1. Die generelle Strategie der Unterrepräsenation: zurückgenommene, kühle Bilder ersetzen die heißen Bilder der Wirklichkeit. Das Publikum muss sich die Ereignisse selbst vorstellen.

Die einzige Sequenz, in der Nachrichtenausschnitte vorkommen, ist völlig formalisiert... eine nüchterne Serie von Einstellungen der täglichen Darstellungen des Krieges in den amerikanischen Abendnachrichten: Soldaten, Generäle, Jeeps, Flugzeuge, Explosionen, verbrannte Bäume, terrorisierte Kinder, flüchtende Familien, menschliche, von Napalm verbrannte Gliedmaßen ... ein industrialisierter Krieg. Diese Sequenz erzeugt weder ein Gefühl für das Vergehen von Zeit, noch schafft sie einen Raum: man kann den Krieg nicht wirklich erfahren. Also gibt es auch keine Erregung. Die Sequenz weigert sich, wie eine Montage zu funktionieren, indem sie den Krieg verallgemeinert. Man kann sich hier nur daran erinnern, wie er gesehen wurde. Dadurch erkennen wir den Krieg, durch diese Horror-Show.

2. Schwache Modelle von Dingen, anstelle der Dinge selbst: reduzierte, fast kindliche Modelle ersetzen das, was wir sonst als das Reale anerkennen würden, an das wir glauben.

- Modelle von Vorstandsbüros mit ausgeschnittenen Firmenlogos, und einer Fotografie statt eines Fensters. - Modelle (primitive Demonstrationen) von Labor-Experimenten- Modelle (synchronisiert) von Gesprächen, die an diesem Tag stattgefunden haben. - kein nacktes vietnamesisches Kind, das eine Straße runterläuft, sondern eine tote Ratte, die in Flammen aufgeht.- kein alljährlicher Bericht von Dow Chemicals, sondern die Versuchsergebnisse mit Kreide auf einer Tafel festgehalten.- keine Flotte von B-52 Bombern bei der Baumentlaubung, sondern Archivmaterial von Sprühflugzeugen: ein Ventil öffnet sich, ein Sprühflugzeug fliegt tief über einem Feld, eine Haushaltspflanze lässt den Kopf hängen, ein paar Fliegen fallen  von einem Gitter.

3. Es gibt keine Helden und keine Bösewichte - nicht einmal wirkliche Figuren, sondern Statisten, die durchschnittliche Typen darstellen: eine blonde Frau, die eine Chemikerin darstellt, ein kahler Mann mit Koteletten als Plastikspezialist; ein gutaussehender Typ mit einem warmen Ausdruck in den Augen spielt den Projektleiter, alles ganz normale, attraktive Menschen, so wie wir. Sogar der Vorstandsdirektor ist sympathisch und hat offenbar seine eigenen Motive, um weiterzumachen.

4. Der Rhythmus: industriell, unnachgiebig, plötzliche Bewegungen von einer Szene zur nächsten. Keine dramatischen Mittel. Dies führt zu intellektueller Beschäftigung, anstatt zu einem emotionalen Engagement.

5. Politik: Der Film ist explizit, und diskutiert den rationellen Einsatz von Arbeit. Er ist weder militant, noch aggressiv, noch wütend. Er bietet Informationen an, und stellt eine Reihe von Fragen, die sich das Publikum selbst beantworten muss. Wenn das Rätsel am Ende des Film gelöst ist, das heißt, wenn man sich im Klaren darüber ist, ob die eigene Arbeit zur Herstellung von automatischen Waffen oder von Staubsaugern führt; wenn man weiß, wer die Gewehre kauft und abfeuert, und von welchen Familien die Staubsauger benützt werden, dann weiß man etwas wirklich Nützliches.

6. Der Film spricht nicht irgendeine Fanatasie-Gemeinschaft von engagierten, freiheitsliebenden Bürgern an, die jederzeit bereit sind zu agieren, sobald sich Ungerechtigkeit in irgendeiner Form zeigt, sondern er spricht vor allem zu ganz normalen Mittelklassemenschen, als ob diese Teil des Problems, aber auch seiner Lösung wären.

7. Der Ton: ist nicht aufgeregt, oder überemotional, sondern ruhig und nüchtern. Dort findet die wirkliche Horror-Show statt: in den logischen, fast industriellen Anordnungen von Objekten und Gedanken.

DIE STRUKTUR DES FILMS.

Keine Erzählung. Keine Argumentation mit Beweisführung usw. Eine klare, formale Darstellung bestimmter funktioneller Arrangements und Verhältnisse von Arbeit. Farocki zeigt Serien von Dingen, wiederholt Prozesse, um so Muster und Strukturen zu explizieren.

Der Film ist symmetrisch: zu Beginn findet eine Einleitung statt, am Ende steht ein Epilog in Form eines Rätsels. Die Mitte des Films besteht aus zwei Teilen: der Research-Prozess, und seine Ergebnisse. Der Research-Prozess besteht wieder aus 2 parallelen Serien.

Erste Serie:

- Treffen zwischen dem Vorstand Doan und dem Projektleiter - Treffen zwischen dem Projektleiter und einzelnen WissenschaftlerInnen.-Napalm wird in einem Laboratorium getestet-ein Arbeiter beobachtet eine Maschine, die Napalm-Ingredienzen zusammmenmischt.-der Vorstand und der Projektleiter sehen gemeinsam die Abendnachrichten zum Krieg. Der Projektleiter drückt sein (Mit-)Leid aus.

Zweite Serie:

- ein Treffen zwischen Doan und seiner Sekretärin- drei Wissenschaftler geben ihre Versuchsergebnisse bekannt- der Laborversuch wird diesmal erfolgreich wiederholt: Fliegen sterben wie die Fliegen. - ein Arbeiter beobachtet eine Maschine, die Napalm-Ingredienzen zusammenmischt. - zwei Wissenschaftlerinnen tauschen sich in einem Umkleideraum über Privates aus. - WissenschaftlerInnen, Vorstandsdirektor sehen gemeinsam die Abendnachrichten. Sie verleihen ihrem Abscheu und ihrer Ablehnung Ausdruck. - eine weitere Szene: eine Mitarbeiterin findet am Parkplatz von Dow Chemicals ein Flugblatt an ihrer Windschutz-scheibe: sie begreift, dass ihre Forschungen der Menschheit nur zum Teil helfen, zum anderen Teil diese aber bedrohen. Was wird sie tun ?

Die Resulate:

- ein Gabelstapler mit zwei Kanistern Napalm rollt auf ein Flugfeld. - ein Geschäftsmann besteigt ein Firmenflugzeug- das Flugzeug hebt ab- ein kleines Flugzeug fliegt auf irgendwelche Berge zu- ein Pilot visiert ein Ziel an- ein Hebel wird gezogen- ein Flugzeug fliegt tief und sprüht
- die Felder fliegen im CloseUp vorbei


In der ersten Serie sterben einige Grillen im Laboratorium.
In der zweiten verwelkt eine Pflanze.

Filme von Jill Godmilow:

Far from Poland (1984) 110 Min.,16 mm
Waiting for the Moon
(1987) 88 Min.
Roy Cohn/Jack Smith (1995) 88 Min.
Tales (1969) 70 Min., mit Cassandra Gerstein 
Antonia: Portrait of a Woman (1974) 58 Min., mit Judy Collins
Nevelson in Process (1977) 28 Min., mit Susan Fanshel
The Popovich Brothers of South Chicago (1977) Min., mit Ethel Raim und Martin Koenig
The Odyssey Tapes (1978) 30 Min.
The Loft Tapes (1999) 110 Min.


back